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Leseproben aus 'Moritz'

Im Advent

Bis zu seiner Verabredung hatte Chriss noch eine gute Stunde Zeit. Nachdem er sich gestärkt hatte, beschloss er einen Teil seines Budgets in der Wunderwelt der Galerie Lafayette auszugeben. Er wollte etwas zum Anziehen für sich und ein paar Mitbringsel für seine Eltern und seine Schwester kaufen.

Und für Moritz! Oder doch nicht? Nach seiner Rückkehr würde er ihm sowieso gestehen müssen, wo er Silvester verbracht hatte. Also ja, klar, er würde auch Moritz eine Kleinigkeit mitbringen.

Er durchstreifte die Elektroabteilung. Fernseher und Musikanlagen zu astronomischen Preisen, wohin er schaute. Nee, hier war er auf jeden Fall verkehrt. Also weiter, zu den Klamotten, da würde er bestimmt etwas für sich finden.

Chriss wühlte sich durch verschiedene Kleiderständer. Da hingen ein paar tolle Jacken, er probierte einige davon an, obwohl die Preisschilder ihm sagten, das ist nichts für Dich, Junge. Mann, sah das toll aus. So elegant, wie ein Schauspieler aus dem Kino, wie Brad Pitt oder so. Bloß, das da im Spiegel war nicht mehr der Chriss, der nette Junge aus St.Adalbert, auch wenn er ihm noch so freundlich zuwinkte, das war irgendwie ein ganz anderer Kerl. So erwachsen, fand er. Lieber doch nicht, dachte er und beendete die Jackenanprobe.

Sein Blick fiel auf einen Ständer mit Halstüchern. Es hatte wohl schon so eine Art von Winterschlussverkauf begonnen, da hingen große Schilder mit % Zeichen herum. Das war ja wie zu Hause. Er suchte sich einen schönen Schal aus Kaschmirwolle in schwarz aus, der sah super aus und schmeichelte seiner Haut, war ganz weich. Chriss fand den Schal total cool und er stand ihm wunderbar, war außerdem um die Hälfte im Preis reduziert.

Sollte er sich in Paris einen preisreduzierten Schal kaufen, den er eventuell so oder so ähnlich auch in Kleinbrücken kriegen konnte? Na und? dachte Chriss, er würde wissen, dass dieser edle Schal aus Paris war und beim Tragen sich immer wieder an seine Erlebnisse hier erinnern.

Das war dann der letzte Anstoß. Er nahm das Teil und ging zur Kasse, wo er bezahlte und eine schöne Einkaufstüte der Galerie Lafayette entgegen nahm. Er war sehr zufrieden mit sich.

Weiter, jetzt für seine Mutter ein edles Parfum. Oder war das zu einfallslos? Quatsch, schalt er sich. Seine Mutter trug selten Parfum auf, aber wenn, dann liebte sie edle Düfte. Er würde hier genau das Richtige kriegen, ein kleines, vielleicht auch nur ein winzigkleines Fläschchen von einem berühmten Hersteller, mit einer feinen, unaufdringlichen Note.

Unterwegs, als er durch die Bücherabteilung kam, sah er ein großformatiges Buch, "Le Chanson Francais" hieß es. Chriss blätterte darin und fand viele Seiten über die bekanntesten französischen Chansonsängerinnen und -sänger, inklusive vieler Liedtexte und Noten. Außerdem war hinten auch noch eine CD eingeklebt. Das war genau das Richtige für Moritz, dachte er, auch wenn alles auf Französisch war. Die Musik kannte keine Nationalitäten und Moritz würde die Noten lesen können. Chriss überlegte nicht lange, schon hatte er das Buch bezahlt, eine weitere Tragetasche in Empfang genommen. Er setzte seinen Weg in die Parfumabteilung fort.

Dort angekommen musste er sich erst einmal orientieren. Die richtig teuren Parfums wurden an Extra-Verkaufsständen angeboten und man wurde bei der Auswahl persönlich von hübschen Mädchen und Frauen beraten. Chriss zögerte nicht lange, das hübscheste Mädchen sah er bei Dior. Genau dorthin lenkte er nun seine Schritte. Er fand, es war auch noch mal höchste Zeit, seine französischen Sprachkenntnisse aufzufrischen.